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Kraft

Kraft ist eine der vier konditionellen Fähigkeiten. Kraft beschreibt die Fähigkeit, Widerstände zu halten (statische Muskelkraft), zu überwinden (konzentrische Muskelkraft) und entgegenzuwirken (exzentrische Muskelkraft). Kraft ist die Grundlage für jegliche alltägliche und sportliche Bewegung und hat daher bei den konditionellen Fähigkeiten einen relevanten Stellenwert. Kraft basiert auf Kontraktionen der Muskulatur. Man unterscheidet statische und dynamische (konzentrische und exzentrische) Kontraktionen, die für die unterschiedlichen Bewegungen relevant sind.

Beispiel zu den Kontraktionsformen der Muskelkraft:

Bei einer Kniebeuge kontrahiert unter anderem die vordere Oberschenkelmuskulatur (Quadrizeps). Die drei Kontraktionsformen kommen dabei in den folgenden Phasen der Kniebeuge zur Geltung.

  1. Statische Muskelkraft: in der Stützphase oben und unten (siehe Abbildung 4)
  2. Exzentrische Muskelkraft: während des Absenkens
  3. Konzentrische Muskelkraft: während des Hochdrückens.

Für dich als Übungsleiter*in ist es wichtig, die unterschiedlichen Formen der Muskelkraft zu kennen, damit du die richtigen Übungen für die Anforderungen deiner Sportler*innen auswählen kannst.

Beispiel: Du möchtest die Sprungkraft deiner Sportler*innen verbessern und dazu die entsprechenden Muskeln trainieren. Einer davon ist der vordere Oberschenkelmuskel. Bei einem Sprung geht es darum, sich vom Boden wegzudrücken. Wenn du diese Fähigkeit mit der Kniebeuge trainieren willst, dann ist die konzentrische Muskelkraft die relevante Kraftform, weil sie für das Hochdrücken vom Boden relevant ist. Gleichzeitig spielt die Kniebeuge in einer exzentrischen Ausführung eine wichtige Rolle. Denn in diesem Beispiel ist die exzentrische Muskelkraft für die verletzungsfreie und kontrollierte Landung relevant, da in dieser Phase das gezielte Entgegenwirken der Kraft (der auf dem Boden landenden Körpermasse) notwendig ist. Auch beim Krafttraining ist die exzentrische Muskelkraft relevant, z. B. für das Muskelwachstum.

Beachte, dass du exzentrisch mehr Kraft aufbringen kannst als konzentrisch. Für die Praxis mit deinen Breitensportler*innen empfehlen wir einen Mix aus konzentrischer und exzentrischer Phase bei dynamischen Kraftübungen.

Beispiel für einen Mix aus konzentrischen und exzentrischen Phase: Die Stärkung der vorderen Oberschenkelmuskulatur mittels Kniebeuge erfolgt durch einen Mix aus konzentrischer und exzentrischer Phase: kontrolliertes, langsames Absenken (exzentrische Phase) und langsames bis zügiges Hochdrücken (konzentrische Phase) in die Streckung.

Wie entsteht Kraft?

Um Kraft entfalten zu können, wird unter anderem der aktive Bewegungsapparat benötigt. Dazu gehören unter anderem Muskeln und Sehnen. Die Muskeln erhalten über die Nerven das Signal, dass es zu einer Muskelkontraktion kommt. Die Muskulatur erzeugt die Kraft. Die Sehnen sind für die Kraftübertragung der Muskulatur auf den passiven Bewegungsapparat verantwortlich (u. a. auf die Knochen) und ermöglichen damit eine kontrollierte Bewegung. Sehnen sind das Bindeglied zwischen den Muskeln und den Knochen (siehe Abbildung 5). Manche Muskeln sind auch ohne strangförmige Sehnen, also quasi direkt an den Knochen befestigt, und entwickeln darüber Bewegungsimpulse (siehe Abbildung 6).

 

Der menschliche Körper verfügt über knapp 600 Muskeln, die uns die vielfältigen Bewegungen im Alltag und im Sport ermöglichen. Einige oberflächliche Muskeln sind im Folgenden dargestellt (siehe Abbildung 7). Zudem liegen zahlreiche kleine Muskeln in der Tiefe, die neben weiteren Funktionen dafür sorgen, dass wir uns bewegen, aufrecht stehen und sitzen können.

Beispiel vorderer Oberschenkelmuskel: Wenn sich die Muskeln des vorderen Oberschenkels zusammenziehen, wird das Kniegelenk gestreckt. Wir benötigen diese Funktion, zum Beispiel beim Treppensteigen, beim Aufstehen von einem Stuhl, beim Sprinten oder beim Springen über einen Kasten.

 

Krafttraining planen

Passe deine Sportstunde im Krafttraining gezielt an die individuellen Ziele deiner Teilnehmer*innen an. Ein durchdachter Ansatz sorgt dafür, dass sich alle optimal weiterentwickeln können. Dabei unterstützt dich ein gut strukturierter Plan, der dir als Leitfaden dient (vgl. Abbildung 8). Sobald du dein Ziel definiert hast, kannst du den groben Trainingsinhalt festlegen (z. B. Krafttrainingsübungen zur Steigerung der Maximalkraft in den Beinen). Um die Inhalte umzusetzen, wählst du die entsprechende Methode und suchst passende Übungen aus, mit denen du diese umsetzen kannst.

 

Beispiel: Du hast eine Sportgruppe von Sprinter*innen, die beim Sportabzeichen im nächsten Jahr deutlich bessere Leistung bringen wollen als in diesem Jahr. Vor allem in den Sprung- und Sprint-Disziplinen wollen sie sich verbessern. Zusätzlich zum Sprint- und Leichtathletiktraining führst du mit deiner Sportgruppe deshalb Krafttraining durch. Ziel ist, dass die Sportler*innen ihre Maximalkraft in der Oberschenkelmuskulatur verbessern. Dazu wählst du die Hypertrophie-Methode. Als Übung entscheidest du dich für die Kniebeuge. Nach einer Erwärmung trainieren deine Sportler*innen die Kniebeuge gemäß der Hypertrophie-Methode mit den Belastungsnormativen von 3 Sätzen à 10 Wiederholungen bei einer Intensität von 80 % ihrer Maximalkraft

Kraftarten im Sport

Im Folgenden betrachten wir zentrale Kraftfähigkeiten, die für sportliche Leistungsfähigkeit entscheidend sind: Schnellkraft, Maximalkraft und Kraftausdauer. Jede dieser Fähigkeiten stellt unterschiedliche Anforderungen an das Training und basiert auf spezifischen physiologischen Grundlagen.

Schnellkraft kann durch Methoden sowohl aus dem Krafttraining als auch aus dem Schnelligkeitstraining verbessert werden. Beim Krafttraining werden dazu Krafttrainingsübungen und beim Schnelligkeitstraining Sprintübungen genutzt, die du entsprechend modifizierst. Der Hauptunterschied in den Belastungsnormativen ist, dass beim krafttrainingsbasierten Schnellkrafttraining die Intensitäten bei über 30 % von der Maximalkraft liegen und im schnelligkeitsbasierten Training bei unter 30 %. Auf der Seite "Schnelligkeit" erfährst du mehr über die Schnellkraft und die dazugehörigen Trainingsmethoden.

Maximalkraft kennzeichnet die höchstmögliche Kraft, die deine Sportler*innen selbstbestimmt gegen einen Widerstand erzeugen können. Die Maximalkraft kann über wachsende Muskelmasse verbessert werden oder darüber, wie gut die Muskeln neuronal angesteuert werden können. Zu Beginn des Krafttrainings werden die Verbesserung in der Maximal- und Schnellkraftleistung deiner Sportler*innen auf neuronale Verbesserungen zurückzuführen sein, unabhängig von der gewählten Methode. Je länger sie Krafttraining durchführen, desto eher bestimmt die Methode den Effekt, durch die sie ihre Kraft verbessern. In diesem Kapitel fokussieren wir uns auf die Verbesserung der Maximalkraft durch Erhöhung der Muskelmasse.

Kraftausdauer ist die Fähigkeit, möglichst viel Kraft bei dauerhafter Belastung zu produzieren und aufrechtzuerhalten. Ziel ist, bei einer bestimmten Wiederholungszahl oder einer definierten Belastungsdauer die Abnahme der Muskelleistung möglichst gering zu halten. Die Kraftausdauer ist neben den in diesem Kapitel beschriebenen Parametern auch von der Energiebereitstellung abhängig.

Empfehlungen für die methodische Gestaltung von Krafttraining:

  • Erst mit einfachen Übungen mit eigenem Körpergewicht starten, dann mit Zusatzgewichten arbeiten.
  • Erst bilaterale Basisübungen (z. B. Kniebeuge) trainieren, dann einfache unilaterale (z. B. Ausfallschritt), dann komplexe unilaterale Übungen (z. B. einbeinige Kniebeuge) trainieren.
  • Erst mit wenigen Wiederholungen und niedrigeren (oder keinen) Gewichten starten, dann die Belastung progressiv steigern.

Empfehlung für die Anordnung von Übungen innerhalb einer Sportstunde:

  • Erst große, dann kleine Muskelgruppen trainieren.
  • Erst mehrgelenkige (z. B. Kniebeuge), dann eingelenkige Übungen (z. B. isolierter Beinbeuger) ausführen.
  • Koordinativ herausfordernde Übungen zu Beginn einer Trainingseinheit durchführen (d. h. im ermüdungsfreien Zustand).
  • Die Übungen ausgeglichen verteilen (z. B. Training sowohl der vorderen als auch der hinteren Oberschenkelmuskulatur).

Bei der Auswahl der Übungen für dein Krafttraining orientiere dich an den Zielen für dein Training. Eine Auswahl von Übungen findest du im Anhang. Unabhängig von den Zielen und deiner Sportgruppe empfehlen sich fünf Übungsformen, die du für alle deine Sportgruppen nutzen solltest:

  • Kniedominante Unter-/Ganzkörperübungen
    z. B. Kniebeuge, Ausfallschritt
  • Hüftdominante Unter-/Ganzkörperübungen
    z. B. Kreuzheben, Brücke, Standwaage
  • Zugübungen
    z. B. Rudern, T-Y, Klimmzüge
  • Druckübungen
    z. B. Liegestütz, Überkopfdrücken, Bankdrücken
  • Rumpfstabilitätsübungen
    z. B. Unterarmstütz (Plank), Vierfüßlerstand

 

Empfehlung für die Praxis – Krafttraining

  1. Krafttraining hat einen hohen Stellenwert für Alltag, Gesundheit und sportliche Leistungsfähigkeit. Baue Krafttraining also in das Sportangebot für all deine Sportgruppen ein.
  2. Um den Körper deiner Sportler*innen auf alltägliche und sportliche Belastungen vorzubereiten und Verletzungen vorzubeugen, nutze regelmäßiges Krafttraining.
  3. Um die Körperkomposition positiv zu beeinflussen, setzte auf den Zuwachs von Muskelmasse durch Krafttraining. Dies reduziert den Körperfettanteil und erhöht den kalorischen Ruheumsatz.
  4. Steigere die Intensität (Gewichte) in kleinen Schritten und erst, wenn deine Sportler*innen die Bewegung technisch gut ausführen und das bisherige Gewicht gut bewegen können.
  5. Nutze zur Trainingssteuerung die Beanspruchungsskala und die Wiederholungen in Reserve für das Krafttraining nach der Hypertrophie-Methode.
  6. Plane dein Krafttraining nach deinen Zielen und wähle entsprechende Übungen. Integriere für alle Sportgruppen sowohl eine kniedominante, eine hüftdominante, eine Zug- und eine Druck-Übungsform sowie Rumpfübungen.


Quellen:

Praxismodul B der C-Lizenz Praxiswissen Sport Für Übungsleiter*innen

Hottenrott et al., 2022
WHO, 2022
Raeder et al., 2020
Wiewelhove, 2020
Marées, 2017
Angelehnt an Boyle, 2016
Prieske et al., 2016
Mühlbauer et al., 2013

BISp 2010

Bilder/Grafiken: mediateam

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